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Die Schönen Künste | Seid doch mal laut! Eckt doch mal an!

In meinem Podcast habe ich mich mit dem Thema „Kunst Mit Ecken – muss ein Künstler nur gefallen oder darf man anecken?“ beschäftigt.

Seitdem geht mir nicht aus dem Kopf, dass der Begriff der schönen Künste irreführend sein könnte. Auf Zeno.org kann man nachlesen, wie sich die schönen Künste von den technischen oder nützlichen unterscheidet:

Schöne Kunst, heißt im Gegensatze zu den technischen od. nützlichen Künsten jede Kunst, deren Producte einen selbständigen ästhetischen Werth haben, deren treu Aufgabe also die Darstellung des Schönen in den Formen u. innerhalb der Grenzen eines ästhetischen Ganzen ist. Den Eintheilungsgrund der Schönen Künste entlehnt man gewöhnlich von der Verschiedenheit der äußeren Mittel der Darstellung; diese sind entweder Töne, od. (ruhende u. bewegte) Gestalten, od. Worte; demgemäß unterscheidet man: a) tonische od. akustische Künste: Musik, entweder reine Instrumentalmusik, od. Gesang od. beide verbunden; b) plastische Künste: Baukunst od. Architektur, Bildhauerkunst (Plastik im engeren Sinne), Malerkunst; c) redende Künste: Poesie (Dichtkunst) mit ihren verschiedenen Formen u. Arten u. Beredtsamkeit. Vermöge ihres Darstellungsmittels ist jede Kunst an gewisse Grenzen gebunden, welche sie ohne Beeinträchtigung ihres eigenthümlichen ästhetischen Charakters nicht überschreiten kann; hierher gehören z.B. die berühmten Untersuchungen in G. E. Lessings Laokoon über die Grenzen der Poesie u. Malerei. Hierdurch ist jedoch nicht ausgeschlossen, daß die Darstellungsmittel mehrer Künste zu einer Gesammtwirkung verknüpft werden. So verbindet sich die Musik mit der lyrischen u. der dramatischen Poesie; die Bildhauerei u. Malerei mit der Architektur; man unterscheidet daher auch einfache u. zusammengesetzte Künste. Wo eine Kunst nur als Mittel für die Darstellung eines nicht von ihr hervorgebrachten ästhetischen Ganzen dient, ist sie wie z.B. die Declamation, die Mimik (Geberdenkunst), eigentlich eine abhängige, untergeordnete Kunst, es müßten denn ihre Leistungen, wie bei der Mimik u. schönen Tanzkunst (als lebendiger u. bewegter Plastik), od. wie bei der nachdichtenden Thätigkeit großer Schauspieler (s. Schauspielkunst) einen selbständigen Werth in Anspruch nehmen können. Insofern bestimmte Künste benutzt werden, um einem, nicht ausschließend einem ästhetischen Zwecke dienenden Gegenstand in irgend einer Art eine ästhetisch wohlgefällige Zierde zu verleihen, heißen sie verschönernde (decorative); unter diesem Gesichtspunkt mag man auch die schöne Fechtkunst u. die schöne Reitkunst mit unter die Schönen Künste rechnen, während die schöne Gartenkunst unter Umständen der idealen Landschaftsmalerei sich nähern kann. Die Theorie der einzelnen Schönen Künste ist einer der wichtigsten Theile der Ästhetik (s.d.), deren allgemeine Erörterungen über den Begriff des Schönen, Erhabenen, Anmuthigen etc. wegen der specifischen Eigenthümlichkeit der einzelnen Künste dem ausübenden Künstler in der Regel so gut wie gar keine nutzbaren Anhaltepunkte darbieten.



Quelle: Pierer’s Universal-Lexikon, Band 15. Altenburg 1862, S. 382.

Ein weiterer Gedanke, der mir dazu kommt ist, dass unsere Spaßgesellschaft wenig Platz für den Intellekt bietet. Studien belegen, dass die junge Generation seit den 90er Jahren immer weniger interessiert an der schönen Kunst ist. Parallel dazu verliert die Handschrift immer mehr an Bedeutung und die elektromagnetische Schrift (Zahlen und Programme) nehmen zu. Warum sehe ich darin eine Verbindung? Die Entkopplung des physischen Kontaktes vom Niederschreiben eigener Gedanken, Meinungen und Empfindungen, sehe ich als einer der Ursachen für die Entfremdung zu den schönen Künsten. Sie lassen sich – ästhetisch gesehen –noch nicht in Zahlen Programme und Zahlen umsetzten lässt und bleiben dieser neuartigen Welt noch verschlossen.

In der Nutzer-Oberfläche des World Wide Web, wo alles nach dem bereits Vorhandenem gefiltert und bewertet wird, gibt es noch keinen etablierten Raum für Visionen und eigenen Intellekt. Auch aus diesem Grund befindet sich die schöne Kunst heute in einer tiefen Sinnkrise. Denn sie darf digital nicht anecken. Zu sehr herrscht hier der homo economicus und unterwirft man sich der groß-akzeptierten Werbeplattform.

Aber ich bin überzeugt, dass sich die schöne Kunst in dieser zutiefst einschneidenden Krise erneuern wird. Die Kulturplattform Der Leiermann ist so ein Projekt, das mir Hoffnung macht für eine Zukunft, die der schönen Kunst und dem Intellekt wieder einen allgemein akzeptierten Stellenwert beimisst.

Eine wundervolle Woche euch.

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