Die Interviews für unser Projekt Leipziger Dialogforum ZUKUNFTSMUSIK sind im Kasten. Ich freue mich sehr, dass das Schumannhaus Leipzig und die Grieg-Begegnungsstätte uns bei der Umsetzung so tatkräftig unterstütz haben. Wir haben uns sehr zu Hause gefühlt und man muss sagen, dass wir perfekte Drehbedingungen vorgefunden haben. Die Clara-Schumann-Schule, die die Räumlichkeiten des Schumannhauses nutzt, wurde nur notbetrieben und auch im ehemaligen Peters-Verlagsgebäude war es sehr ruhig.
In einem zweiten Teil mit Fokus auf freiarbeitenden Musiker waren wir dann ein komplettes Frauenteam: Yvonne an der Kamera, Sandra und Eva als Interviewpartner und ich als Sprecherin. Das hat sich sehr gut angefühlt. Irgendwie – auch wenn ich mich gar nicht so sehr in der Frauenbewegung zu Hause fühle – wurde mir wieder einmal deutlich, wie wichtig es mir ist in reinen femteams zu arbeiten. Es fühlt sich einfach anders an: Miteinander, Ideenspringbrunnen und wahrer Austausch – während Männerrunden die Stimmung doch eher als wettbewerbsorientiert prägen.
Eva kennt ihr auch schon von einer meiner ersten Podcast-Folgen zum Thema „Ist Digital das neue Kapital“. Mit ihr habe ich über female empowerment, Vernetzung und die Abgrenzung von U- und E-Musik gesprochen. Daneben konnten wir live die Produktion des 313te Coco-Corona Concert aus dem Klangraum des Schumannhauses miterleben. Es war bunt, laut und es wurde viel gelacht. Wie immer mit Eva konnten wir uns kaum verabschieden.
Der Kontrapunkt dazu war mein Gespräch mit Sandra. Ihre ruhige, konzentrierte Art eröffnete uns eine intensive Diskussion über die Ausbildung von Sänger*innen an den Akademien, die prekären Marktbedingungen und welche Perspektiven ein frei-arbeitender Musiker sich selbst schaffen kann. Deutlich wurde hierbei, dass wir die Marktchancen und Innovationskraft, die in der Kreativbranche stecken, kaum nutzen.
Ich habe ihr den Artikel des Österreichischen Kuriers vorgelegt, der kurz vor unserem Treffen bei facebook stark kommentiert wurde. Hier geht um eine allgemeine Darstellung der Situation fertig-studierter Sänger*innen, die auf absolut hierarchische Machtverhältnisse in der Opernbranche treffen und sich gerade von Agenturen betrogen fühlen, die die Lage der Sänger*innen ausnützen, um Unkostenbeiträge für Bühnen-Coachings und Vorsingen an deutschen Theatern nehmen würden. Sandra und ich haben solche extremen Bedingungen selbst nicht erlebt. Dennoch muss man zur Kenntnis nehmen, dass einige Agenturen zum Missstand in der Branche beigetragen haben könnten.
Daneben sind wieder die fehlenden harten Zahlen ein großes Problem, um alleine die Sänger*innenbranche, die frei arbeitet, abzubilden. Ich halte es für fatal, dass man so wenig darüber weiß, wie Sänger*innen nach ihrem Studium und außerhalb von festen Engagements zu ihrem Brot und Lohn kommen. Dazu hatte ich versprochen, dass ich die Bertelsmann-Studie genauer kommentiere. Leider bin ich bisher nicht dazu gekommen meine Notizen sinnvoll auszuformulieren. Sandra hat mich ermutigt dies nachzuholen und ich mache hier ein commitment, liebe Sandra, bis Mitte März zu liefern 😊 Wenn wir darüber aufklären könnten, dass wir wie viel mehr sind, als angenommen, dann hat man natürlich auch ein größeres Mitspracherecht und kann Rahmenbedingungen schaffen. Ich bin auch der Meinung, dass Sänger*innen komplett anders arbeiten müssen, als ihre Musikerkolleg*innen, die ein Orchesterinstrument spielen. Für Pianist*innen sieht es wiederum anders aus. Ganz zu schweigen von Komponist*innen. Aus meinem Zusammentreffen mit Frau Dr. Skadi Jennicke habe ich mitgenommen, dass aufgrund der fehlenden Daten immer nur von „den Musiker*innen“ gesprochen wird. Das ist aber aus meiner Sicht schwierig. Man würde auch in anderen Branchen in Teilbereiche blicken müssen, um sich einen klaren Blick und damit in dieser Pandemie greifende Förderprogramme.
Aus gegebenen Anlass: Da heute klar ist, dass kein Gastronom seine Türen öffnen darf, aber Frisöre, ist das vielleicht ein gutes Beispiel wie Relevanz betont werden kann, wenn man diese sichtbar macht. Wenn die Haare überall sprießen und die Farben verblassen, wir dieser Teilbereiche einer ganzen Branche plötzlich relevant.
Meine Oma hat die Harre des Opas noch selbst geschnitten. Wenn sie einen Haarschnitt brauchte, kam die Tante vorbei.
Nächste Woche geht es dann richtig los auf #sogehtsächsisch mit unserem Leipziger Dialogforum ZUKUNFTSMUSIK.
Aus diesem Grund werde ich jetzt hier ein wenig regelmäßiger als nur montags darüber berichten.
Ich wünsche euch ein warmes Plätzchen und viel Energie für wundervolle kreative Ideen.
Eure Juliane
Was für eine wunderbare Reihe und gut, dass es Frauen wie dich gibt, die Menschen zusammenbringen und in die Diskussion gehen.